Foto: Abeer und Alia Oraif, Atelier Hekayat

Manchmal beginnt eine große Modegeschichte nicht mit einem Laufsteg, sondern an einem Familientisch in Jeddah – zwischen Skizzenblöcken, Stoffmustern und dem Duft von frisch gebackenem Brot. So jedenfalls bei Atelier Hekayat, dem Label zweier Schwestern, die sich nicht etwa stilistisch gefunden haben – sondern schon immer unzertrennlich waren.
Abeer und Alia Oraif sind in einem Künstlerhaushalt groß geworden, in dem Kreativität nicht etwas war, das man „üben“ musste – sie war einfach Luft zum Atmen. Vater Designer, Mutter und Großvater ebenfalls kreative Köpfe: Es war nur logisch, dass aus den beiden Mädchen Frauen werden würden, die Mode nicht konsumieren, sondern gestalten. Und während andere Kinder in Freizeitparks gingen, nahmen sie Papa mit auf die Mailänder Modewoche – Showrooms statt Achterbahnen, Runway statt Riesenrad. Klingt wie der Trailer eines kommenden Netflix-Dramas – war aber Realität.
Heute steht Atelier Hekayat für etwas, das in der saudischen Modeszene immer wichtiger wird: Mode mit Seele. Mode, die Geschichten erzählt – „Hekayat“ eben. Und diese Stories entstehen nicht anonym in einer Großfabrik, sondern in ihrem kleinen Atelier in Jeddah, mit drei Schneidern, einer Assistentin und den beiden Schwestern, die alles selbst verantworten, von der Idee bis zum fertigen Look.

Alia, geschult in Innenarchitektur an der King Abdul-Aziz Universität, bringt das universelle Verständnis für Form, Raum und Handwerk ein – vom Zeichnen bis zum Nähen. Abeer, die in London internationale Wirtschaft mit Schwerpunkt Mode studierte, hält den geschäftlichen und globalen Blick. Zwei Welten, zwei Mentalitäten – aber ein Herzschlag.
Ihre Designs? International inspiriert – von Comme des Garçons bis Alexander McQueen – aber mit einer klaren saudischen DNA. Ohne laute Logos, ohne inszenierte Selbstdarstellung. Stil statt Show. Haltung statt Hashtag. Und deshalb glauben sie nicht an die oberflächliche Wirkung von Instagram. Ihre Mode lebt von echten Begegnungen. Von Frauen, die nicht für Likes auftreten müssen, sondern Stärke in ihrem eigenen Alltag zeigen. „Es gibt Persönlichkeiten, die nicht im Rampenlicht stehen wollen – aber sie haben mehr Einfluss, als sie denken. Das sind die echten Trendsetter“, sagt Alia. Diese Haltung passt perfekt zu einer neuen Generation saudischer Kreativer – Frauen, die in allen Bereichen leuchten, weil sie die Bühne nicht suchen, sondern verdienen. Genau darum unterstützt das Königreich sie zunehmend: weil Talent, Mut und Vision nun Platz bekommen.
Ein großer Meilenstein: die Teilnahme am Fashion-Nachwuchsprogramm „100 Brands“. „Wir wussten, was wir einbringen können – und wir wollten Saudi-Arabien auf lokaler und internationaler Bühne repräsentieren“, erzählt Abeer. Es war das erste Mal, dass Designs aus dem Königreich vor den Augen internationaler Medien präsentiert wurden – ein Moment, den keiner in der Szene vergessen wird.



Jedes Stück von Atelier Hekayat entsteht in ihrem kleinen Atelier in Jeddah, wo ein Team aus drei Schneidern und einer Sekretärin mit Hingabe arbeitet. „Qualität ist kein Zufall – sie ist das Ergebnis von Leidenschaft“, sagt Alia. Diese Philosophie hat sie auch zu Pionieren gemacht: Vor einem Jahrzehnt kollaborierten sie mit Mouawad Jewelry, später mit Maserati, und kleideten sogar Supermodel Helena Christensen in ein von AlUla inspiriertes Design für eine Oscar-Party. Trotzdem bleibt der emotionalste Erfolg ganz privat: ein Moment, in dem ihr Vater – sonst hart wie Schneiderkreide – vor Stolz ein paar Tränen vergoss.
Manchmal sind die größten Siege eben nicht die lautesten. Sondern die im Herzen. Und genau daraus entsteht Mode, die bleibt #
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