Saudi privatisiert Fußball-Clubs

Auch die Clubs von Ronaldo, Benzema und Messi sind jetzt Unternehmen

Foto: Saudische Profiliga (SPL), Ittihad Club, Saudischer Fußballverband SAFF

In den letzten Jahren hat Saudi-Arabien viel Geld in die Hand genommen, um seiner Bevölkerung eine sportliche Betätigung schmackhaft zu machen – Sportvereine wurden staatlich finanziert und der Breitensport massiv gefördert. Zeitgleich wurde in den Profisport investiert, um das Interesse am Sport zu wecken, Anreize zu schaffen und positive Beispiele zu geben. Die Vereine sind, da sie von staatlicher Seite angeschoben wurden, bisher auch mehrheitlich staatlich organisiert. Das ändert sich ab sofort – die Privatisierung von Clubs ist jetzt erlaubt und erwünscht.

Der 600-Milliarden-Dollar umfassende, öffentliche Investment Fund (PIF), dem auch der FC Newcastle United gehört, beteiligt sich ab sofort zu 75% an den vier großen saudi-arabischen Fußballvereinen. Damit werden die Clubs Al Ahli, Al Ittihad – der vor kurzem einen Vertrag mit Karim Benzema unterzeichnet hat, Al Hilal und Al Nassr – für den die Fußballikone Cristiano Ronaldo spielt – zu Wirtschaftsunternehmen transformiert. Die Clubs werden jeweils ein Viertel der Anteile behalten und als NGO weiterführen. Durch die Loslösung der Vereine aus der rein staatlichen Verwaltung soll die Führung der Clubs professioneller und nachhaltiger werden.

Diese Strategie setzt zusätzliche, kommerzielle Möglichkeiten frei, die den Clubs bisher in ihrer rechtlichen Struktur als staatliche Institutionen nicht möglich waren. Investitionen, Partnerschaften mit der Wirtschaft und das Sponsoring werden vereinfacht. Zeitgleich wurde das Eigentum an vier weiteren Vereinen an große Wirtschaftsunternehmen übertragen: Al Qadisiyah wurde von Saudi Aramco übernommen, der Diraiyah Club von DGDA, der AlUla Club an die Royal Commission for AlUla (RCU) und das des Suqoor Clubs an die Neom Entwicklungsgesellschaft. Damit sind nun insgesamt acht Clubs aus der staatlichen Kontrolle entlassen.

Das Beteiligungsprogramm umfasst neben Fußball-Vereinen auch andere Sportarten und zielt darauf ab, den sportlichen Fortschritt im gesamten Königreich zu beschleunigen. Eine hochmoderne Infrastruktur soll durch zeitgemäße Trainingsmöglichkeiten die sportliche Begeisterung im Land fördern, neue Erfolge möglich machen und künftige Champions in zahlreichen Disziplinen heranzuziehen.

Nach Einschätzung des Sportmarketingexperten und Schriftstellers Khalid al-Rubian wird der Umzug auch erhebliche Auswirkungen auf die saudi-arabische Sportszene haben und massive Möglichkeiten schaffen, sowohl im Inland als auch international.

Die saudische Profiliga ist in ihre professionelle Ära eingetreten, genau wie die europäischen Vereine. In kommenden zwei Jahren können bis zu 40.000 Arbeitsplätze im Sportbereich entstehen, eine großartige Chance für die Jugend und ihre Beschäftigung. Die Auswirkungen werden enorm sein, sowohl im Inland als auch international

Khalid al-Rubian, Sportmarketing-Experte

Seit dem Start des Reformplans „Vision 2030“ zur Diversifizierung der Wirtschaft hat Saudi-Arabien Milliarden von Dollar in die Nichtöl-Sektoren investiert. Die Förderung des Breiten- und Profisports ist ein Baustein dieser Vision, Sportvereine wurden deshalb (wie unzählige andere Projekte) staatlich angeschoben. Die jüngste Entscheidung ermöglicht jdie Privatisierung von Clubs und wird die Regierung sicherlich auch entlasten, finanziell wie organisatorisch. Die Verantwortung wird nun zunehmend auf private Unternehmen verlagert. Drei strategische Ziele stehen im Mittelpunkt der Privatisierung; die Steigerung der Attraktivität von Investitionen im saudi-arabischen Sportsektor, die Verbesserung der Führung von Sportvereinen, um sie professioneller und nachhaltiger zu machen, und die Verbesserung der Infrastruktur der Vereine, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen. Um eine nachhaltige Rendite zu erzielen, wurde für jedes der acht Clubunternehmen, deren Eigentumsrechte übertragen wurden, bereits ein Investitionsfonds eingerichtet.

Der Einstieg des PIF erfolgt zu einer Zeit, in der die Saudis mehr Sport treiben als je zuvor. Die Beteiligung von Männern und Frauen am Breitensport ist von 13 Prozent im Jahr 2015 auf fast 50 Prozent im Jahr 2022 gestiegen. Gleichzeitig ist die Zahl der Sportvereine in Saudi-Arabien von nur 32 im Jahr 2015 auf über 95 gestiegen, was zum einen das Engagement der Vision 2023 aufzeigt, zum anderen das Investitionspotenzial verdeutlicht.

Fußballbegeisterung ist der Schrittmacher im Sport; mehr als 80 Prozent der saudi-arabischen Bevölkerung spielen selbst Fußball, besuchen oder verfolgen Spiele. Die saudische Profiliga, die Spieler aus über 40 Ländern aufbietet und deren Zuschauerzahlen im letzten Jahr um fast 150 Prozent gestiegen sind, steht im Mittelpunkt der sportlichen Entwicklung. So wird erwartet, dass die kommerziellen Einnahmen der Liga im Rahmen des neuen Projekts von 120 Millionen Euro im letzten Jahr kurzfristig verdreifacht oder sogar vervierfacht werden können. Dadurch wird das Bestreben, einmal zu den zehn besten Ligen der Welt zu gehören, erheblich unterstützt #

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