Fotos: Riyadh Air
Anfang Juni – der erste von 72 bestellten Boeing-Dreamlinern in der Lackierung von Riyadh Air rollt aus dem Hangar bei Boeing in Seatle – nicht in trendigem Weiß wie bei vielen anderen Airlines, sondern in einer außergewöhnlichen blau-violetten Volllackierung, von der Fluglinie „indigo“ genannt. Die Maschine startet in Richtung Saudi-Arabien, wo sie Mitte Juni mehrere Rundflüge in geringer Höhe durchführt. Das ist auffällige Promotion und Statement: Denn mit Riyadh Air – Kürzel RX –erscheint ein neues Logo im internationalen Luftraum, neben Saudia der zweite Flagg-Carrier des Golfkönigreichs. Die angesagten Golf-Airlines Emirates, Qatar und Etihad bekommen dadurch ab 2025 ernste Konkurrenz aus Saudi-Arabien.
Momentan stammt bei den genannten Airlines bis zu einem Viertel aller Reisender im Geschäftsflugsegment aus Saudi-Arabien. Diese Zielgruppe nimmt Riyadh-Air in den Fokus seines Marketings; die Business Class wird die höchste Reiseklasse an Bord sein – eine prestigeträchtige „First“ wird es bei Riyadh Air nicht geben; dies überlässt man weiterhin der eigenen Staats-Airline Saudia.
Neben saudischen Geschäftsreisenden will Riyadh Air westliche Umsteiger ansprechen, und den Airport Riyadh (RUH) zu einem internationalen Hub für Transferflüge machen. Momentan sieht es ja so aus: Wer heute aus Deutschland in Richtung Fernost reist, startet häufig mit den bekannten Golfairlines von Frankfurt oder München aus zu deren Umsteigeverbindungen in Dubai, Doha oder Abu Dhabi. Der traditionsreiche saudische Flag-Carrier Saudia bietet bereits seit langem ähnliche Verbindungen über Riyadh an, spielt aber bisher ein Nischendasein – durchaus selbst gewählt. Denn besondere Werbemaßnahmen, die Saudia als Umsteige-Carrier bei westlichen Touristen bekannt gemacht hätten, gab es keine. Dieses Marktsegment will man denn auch zukünftig Riyadh-Air überlassen.
Die neue Airline wird den Luftverkehr im Königreich bereichern, und zugleich eine neue Ära für die Reise- und Luftfahrtindustrie weltweit einläuten
Yasir Al-Rumayyan, Chairman Riyadh Air
Tony Douglas, CEO der neuen Airline, kennt sich aus am Golf, als vorheriger Boss bei Etihad. Er kennt die Chancen und Risiken des Geschäfts. Eines der Hauptziele bei der Gründung der neuen Fluggesellschaft ist es, die strategische geografische Lage Saudi-Arabiens, die drei große Kontinente miteinander verbindet, zu nutzen und daraus Kapital zu schlagen: Asien, Afrika und Europa. Die gute logistische Position auf der Weltkarte wird Riyadh Air in die Lage versetzen, ein wichtiges Tor zur Welt und ein globales Ziel für Transport, Handel und Tourismus zu werden. Das erinnert an die wirtschaftliche Vision Dubais; dort hatte man eine ähnliche Idee – vor 50 Jahren. Und war damit sehr erfolgreich. Ein spannender Wettbewerb kündigt sich also an, an dem Passagiere und Geschäftskunden womöglich gewinnen werden – „Konkurrenz belebt das Geschäft“ sagt ja schon eine traditionelle Kaufmannsregel.
Riyadh Air spiegelt die ehrgeizige Vision Saudi-Arabiens wider, die Zukunft des weltweiten Luftverkehrs mitzugestalten und ein echter Innovator für das Gästeerlebnis zu sein. Das Engagement von Riyadh Air sieht die Integration von digitaler Innovation und authentischer saudischer Gastfreundschaft vor
Tony Douglas, CEO Riyadh Air
Riyadh Air will nach Inbetriebnahme 2025 die saudische Hauptstadt mit über 100 Zielen weltweit verbinden und Touristen aus aller Welt die Möglichkeit bieten, die kulturellen und natürlichen Sehenswürdigkeiten Saudi-Arabiens zu besuchen, pünktlich ihre Geschäftstermine wahrzunehmen oder nach kurzer Transferzeit auf dem modernen Airport in Riyadh weiterzufliegen zu Zielen in Fernost.
Heiß spekuliert wird dabei über die Frage, ob Saudi-Arabien mit Riyadh Air den ersten Carrier in die Luft bringt, der Alkohol ausschenkt. Die Airline Saudia ist ja, wie das ganze Land, „dry“ und macht da auch keine Ausnahme bei internationalen Flügen, die den eigenen Luftraum verlassen. Internationale Airlines, die den Golfstaat ansteuern, gehen mit dem dortigen Alkoholverbot unterschiedlich um. Flydubai etwa hat bei allen Flügen nach Saudi-Arabien gar keinen Alkohol an Bord. Emirates hält alle Drinks aus Höflichkeit saudischen Mitreisenden gegenüber unter Verschluß. Bei Lufthansa wird zeitnah eine „Last Order“ an die Passagiere ausgegeben und aller Alkohol verstaut, sobald der saudische Luftraum erreicht wird.
Die neue Airline ist kein teures Hobby der Saudis. Denn knallharte Ziele stehen auf der Agenda der Chefetage: Riyadh Air soll das Bruttoinlandsprodukts außerhalb des Ölsektors um 20 Mrd. Euro steigern und über 200.000 direkte und indirekte Arbeitsplätze schaffen. Aus Gründen der Effizienz wird die neue Fluggesellschaft über ein einziges Drehkreuz in Riyadh operieren und moderne, einheitliche Flugzeugmodelle erwerben, die mit der neuesten Technologie ausgestattet sind. Das soll die Kosten von Betrieb und Wartung senken.
Die neue Airline hat als erste Order 72 Jets der neuesten Dreamliner 787-9 bei Boeing bestellt, insgesamt soll die Flotte doppelt so groß werden, zuzüglich einiger (!) 100 Schmalrumpf-Boeings für kürzere Zubringerstrecken (737 Max). Die pünktliche Auslieferung der Flugzeuge wird ein entscheidendes Kriterium beim pünktlichen Start des Flugbetriebs spielen, ebenso wie die Akquise all des erforderlichen Personals, um solch eine große Airline managen und bewegen zu können.
Als Fluggesellschaft von Weltrang wird Riyadh Air die besten Nachhaltigkeits- und Sicherheitsstandards mit einer modernen, mit Spitzentechnologie ausgestatteten Flugzeugflotte auf Basis der Boeing 787-9 umsetzen
Yasir Al-Rumayyan, Chairman Riyadh Air
Der erfolgsverwöhnte Emirates-Chef Tim Clark aus Dubai erklärt übrigens, dass er im Start von Riyadh Air keine Auswirkungen auf seine Fluggesellschaft sieht, solange Emirates weiterhin das tue, was man dort schon immer gut gemacht habe. Allerdings benötigt EK dringend neue Flugzeuge; die bisher eingesetzten Boeing 777-Arbeitspferde kommen (zuminbdest nach EK-Maßstab) in die Jahre. Dass Riyadh Air mit einem Großauftrag die Fertigungskapazitäten in Seattle stark ausschöpft, mag eine Strategie der Saudis sein. Auf neue Dreamliner jedenfalls werden andere Airlines lange warten müssen.
Letzendlich – diese Frage ist hier angebracht: Warum braucht es eine neue Airline, wo es doch mit Saudia bereits einen erfahrenen, nach 75 Jahren im Business gut vernetzen Flagg-Carrier gibt…der daneben auch noch lokale Ableger betreibt? Einer der Gründe ist vermutlich das unterschiedliche Geschäftsmodell. Während Saudia beispielsweise über drei Drehkreuze – Riyadh, Jeddah und Dammam – verfügt, wird Riyadh Air nur über ein einziges Drehkreuz in der namengebenden Hauptstadt operieren und wird sein Produkt stark an den Bedürfnissen und Erwartungen internationaler Fluggäste, insbesondere mit Transfertickets, ausrichten #
Die staatliche Nachrichtenagentur SPA sagte, sie werde „eine Weltklasse-Fluggesellschaft sein, die die weltweit besten Nachhaltigkeits- und Sicherheitsstandards übernimmt“.
>> Im Vergleich zu den Flotten einiger ihrer Konkurrenten setzt Riyadh Air sehr neue treibstoffeffizient Flugzeuge ein, die viel weniger CO2 ausstoßen.
und weiter…
Die Gründung von Riyadh Air werde laut SPA voraussichtlich ein „BIP-Wachstum außerhalb des Ölsektors“ um 20 Milliarden US-Dollar steigern und fügte hinzu, dass dies ein Teil der Strategie des staatlichen Investmentfonds sei.