Fotos: Neom Entwicklungsgesellschaft
In diesen Tagen publiziert die Neom-Entwicklungsgesellschaft ein neues Video, in dem der bekannte Physiker, Bestseller-Autor und bekennende „Trekkie“ Michio Kaku den vielen Fragen nachgeht, die wohl jedem von uns im Kopf herumschwirren, wenn es um die Vision von „The Line“ geht – der avantgardistischen zukünftigen linearen Hauptstadt der Neom-Region. Der aus zahlreichen TV-Dokumentationen bekannte amerikanische Professor ist begeistert von visionären Visionen und ist allen Konzepten, die sich futuristisch anhören, erst einmal positiv aufgeschlossen. Auf der Baustelle von The Line ist er damit ganz sicher am richtigen Fleck.
Wenn man die Chance hat, eine Stadt von Grund auf neu planen zu können – wie weit soll man dann traditionellen Ideen der Stadtplanung folgen, wie weit soll man dann in die Zukunft voraus denken, wie viel soll man es besser machen, wie viel vielleicht doch eher auf das Althergebrachte setzen ?
Das sind grundlegende Fragen, die jeder neuen Stadtplanung vorausgehen. Auch bei The Line, der gerade entstehenden Hauptstadt der Region Neom #SaudiMag . Die Fragestunde liegt nun rund 5 Jahre zurück, und die Planer haben sich dafür entschieden, eine Stadt zu bauen, die konsequent an die Zukunft denkt und den Menschen und die Umwelt ganz ins Zentrum der Überlegungen stellt. Die Chancen, die sich bieten, sollen vollständig genutzt werden, ohne Traditionen zu bedienen die mittlerweile ausgedient haben. Das ist ein radikaler Weg, gerade für Amerikaner und Westeuropäer, die ihr Denken stark an Traditionen ausrichten.
Mittlerweile hat sich die Vision von The Line nicht nur konkretisiert, die tatsächlichen Bauarbeiten haben im Oktober 2022 begonnen, nachdem zuvor drei Jahre lang technische Planungen und logistische Vorbereitungen durchgeführt wurden. Westliche Medien begleiten das Konzept von Anfang an – und haben es bei seiner Vorstellung erst als Utopie und Werbegag abgetan, und stellen jetzt, nachdem der erste Spatenstich getan wurde, die Unrealisierbarkeit der Vision in den Vordergrund. Dieses Echo in den Medien, unisono in den USA und in Europa sind Symptome einer Gesellschaft, die an ihrem Status Quo festhalten will, die ihre Vergangenheit umarmt, doch zur Zukunft nicht mehr viel beitragen kann. Visionen entstehen heute woanders, Visionen werden heute woanders zur Realistät. Nicht mehr in Europa oder Amerika, es ist Asien.
The Line zeigt uns eine neue Art, Dinge zu tun. Eine Vorlage, mit der wir Städte der Zukunft schaffen können. Anhand derer andere Nationen ihre Pläne mit dem vergleichen können, was hier in Saudi-Arabien gemacht wird. The Line schafft die Zukunft der Menschheit
Michio Kaku, Wissenschaftler und Autor
The Line ist Avantgarde. Avantgarde bedeutet, dass eine Vision so neu und so groß ist, dass nicht die Mehrheit ihr folgen kann. Die Mehrheit der Menschen braucht Zeit, um die Vision begreifen zu können. Eine Stadt der Zukunft, die sich konsequent auf den Menschen ausrichtet, sieht anders aus als jede Stadt, die wir bisher kennen. Denn alle Städte sind auf den Autoverkehr ausgerichtet. The Line wurde von Anfang an als autofreie Stadt entwickelt, deshalb gibt es dort keine Straßen für den Autoverkehr.
Stellen wir uns die Stadt vor, in der wir heute leben, und würden wir alle Straßen daraus entfernen…wie viel weniger Platz würde die Stadt dann benötigen? Würde sie mit 10% weniger Raum auskommen…oder sogar mit 20%? In Berlin sind es übrigens 15% der Stadtfläche, die auf Straßen entfallen. The Line ist eine Großstadt, die von Menschen bewohnt werden soll, die das Leben in einer Großstadt lieben. Es ist keine Großstadt, die sich als alternatives Konzept für Menschen sieht, die lieber auf einem Bauernhof leben wollen. Oder in einem Garten-Eigenheim, dem Traum der meisten Deutschen. Denn an der Ineffizienz eines freistehenden Hauses ändert es nichts, wenn seine Bewohner mit dem E-Roller in die Innenstadt fahren um sich dort auf eine Straße zu kleben. The Line denkt Klimaschutz nicht nur, The Line setzt Klimaschutz um. Seine Bewohner können aktiv das Klima schützen, ohne andere dazu aufrufen zu müssen. Denken wir uns all die Häuser, bewohnt von 2 bis 3 Personen weg aus unserer Stadt, in der wir heute leben…wieviel mehr Raum würden wir einsparen…2% oder sogar 5%? In unseren Gedanken haben wir unsere Heimatstadt jetzt schon ein gutes Stück kleiner gemacht. Wenn wir jetzt noch überlegen, dass wir unsere Stadt in die Höhe stapeln, anstatt sie in die Fläche zu bauen…wie groß ist ihr Raumverbrauch dann noch ?
The Line wird einen minimalen Raumbedarf von nur 34 Quadratkilometer umfassen – wenn sie vollständig fertig ist und 9 Millionen Menschen dort leben. Zum Vergleich: 34 Quadratkilometer, das ist die Fläche der Stadt Gerstofen in Bayern (23.000 Einwohner).
Dass sich das Leben immer stärker in städtische Regionen verlagert, zeigt sich schon seit Jahren. Schaut man sich an, welche Strecken typische deutsche Großstädter pro Woche zurücklegen, so sieht man, dass die meisten Menschen in ihrem eigenen Viertel bleiben, um ihren täglichen Bedarf zu erledigen. Der Berliner oder Kölner Stadtbewohner legt den weitesten Weg für seine Arbeit zurück. Alles andere erledigt er schon heute „ums Eck“ und bewegt sich dafür zu Fuß, per Rad oder per ÖPNV zum Supermarkt, zur Apotheke oder ins Kino. Diesem Bewegungsmuster folgt The Line mit dem Konzept, dass alles, was zum täglichen Bedarf gehört, innerhalb von 5 Minuten erreichbar sein wird.
The Line wird an einer spannenden Stelle gebaut. Als Hauptstadt von Neom liegt The Line zwischen dem türkisfarbenen Wasser des Roten Meeres mit Blick hinüber nach Ägypten, passiert die saudische Bergregion und reicht bis ins Tal von Tabuk, der Provinzhauptstadt der gleichnamigen Region. Die Region Neom ist ideal für eine neue Stadt. Auf einer Fläche so groß wie Mecklenburg-Vorpommern gibt es hier weitgehend nur unbelebten Sand, Staub und Stein, angrenzend an das Rote Meer. Das nahe Meer und das Gebirge sind zwei wichtige Faktoren, warum der Standort von The Line hier gewählt wurde. Denn aus dem Salzwasser kann das notwendige Trinkwasser für die Stadt gewonnen werden; ebenso durch Auffangen des winterlichen Regenwassers, das sich bisher durch zahlreiche Wadis ungenutzt ins Rote Meer ergossen hat.
Es ist eine neue Ära der Zivilisation, ein Modell für eine saubere und nachhaltige Stadt. The Line wird die Effizienz der Menschheit verbessern
Mazen Al-Sudairi, Wirtschaftswissenschaftler
The Line ist eine lange Linie, eine Bandstadt, aus Gründen der Effizienz. Die Planung von allen Versorgungs- und Entsorgungsleitungen, ebenso der dann folgende Bau und sie spätere Wartung sind sehr viel effizienter, wenn man klare Richtungen hat. Stellen wir uns allein das Netz der Wasserleitungen vor, das unsere Heimatstadt durchzieht. Nun bündeln wir in Gedanken alles auf eine sehr lange Hauptleitung mit wenigen, immer gleichen Abzweigungen…Aber auch jede Bewegung, die die Bewohner selbst tun, hinterlässt einen Klima-Fußabdruck. Wie viele unterschiedliche Buslinien gibt es in der Stadt, in der wir heute wohnen, um alle unterschiedlichen Bezirke zu bedienen ? Wie viele davon kann man einsparen, wenn es in der Stadt anstatt 4, nur noch zwei Richtungen gibt ? The Line wird im Endausbau aus vier Bezirken, aus vier sogenannten City-Modules bestehen, die innerhalb des Stadtgebietes aneinandergereiht sind; wie auch heute in der klassischen Stadt, werden die Bewohner die meiste Zeit in ihrem Bezirk verbringen. Die Bezirke tragen momentan noch eher technische Namen wie „Coastal“ für den Abschnitt am Roten Meer bzw.“ Coastal Desert“, „Mountain Region“ und „Upper Valley“.
Liest man die zahlreichen Medienberichte über The Line, so gewinnt man schnell den Eindruck, dass sämtliche Architektur-Spezialisten der westlichen Welt – oder sollen wir sagen „der alten Welt „– vollkommen überfordert sind mit der Vision, die gerade in Saudi-Arabien zur Wirklichkeit wird. In der Tat besteht The Line aus einem sehr langen Gebäude, sogar aus einem hohen Gebäude. Und genau genommen sind es sind sogar gleich zwei davon, die parallel zueinander laufen. Aber: Innovation entsteht nie dadurch, dass man innerhalb bekannter Grenzen bleibt. Man muss sich darüber hinaus bewegen, nicht umsonst gibt es das schöne deutsche Wort „Fortschritt“ … man muss einen Schritt weiter gehen als andere, um innovativ zu sein. Letztendlich denken die Architekten von The Line das weiter, was bereits bekannt und erprobt ist: Die Gebäude sind maximal 500 Meter hoch, das ist eine technische Herausforderung – aber sie ist alles andere als „unbaubar“ – zumindest für die hochrangigen Spezialisten, die The Line gerade realisieren. The Line multipliziert und variiert eine Reihe von Einzelmodulen und architektonische Muster, die immer wieder neu kombiniert werden, damit die Gestaltung ansprechend und lebenswert zum einen, die Bauarbeiten zum anderen effizient umgesetzt werden können. Die zahlreichen Balkone und Gesimse, die Brücken, die beide Gebäuderiegel miteinander verbinden, die hängenden Gärten…das alles sind keine neuen architektonischen Elemente, das alles ist überhaupt nicht „nicht realisierbar“.
Die spiegelnde Fassade, ebenfalls ein großer Stolperstein in den Medienberichten, trägt zum Klimakonzept im Inneren der Stadt bei, ähnlich bei den verspiegelten Visieren der Raumfahrer oder Feuerwehrleute. Ein Teil der Wärme wird reflektiert. Es mag der Denkweise der Menschen im grünen, bewaldeten Europa entstammen, dass spiegelnde Scheiben direkt das Bild verunglückender Vögel aufkommen lässt. In der steinigen Ödnis, in der The Line entsteht, gibt es allerdings keine Vögel. Es handelt sich um eine nahrungslose, sandige Steinwüste, in der nur ein paar Insektenarten Wege gefunden haben, zu überleben. Vögel werden sicherlich innerhalb von The Line leben, da sie dort ein lebenswertes Biotop vorfinden. Wir setzen den Artikel fort #
Tatsächlich sind viele bahnbrechende Ideen und Innovationen zu ihrer Zeit als zu fortschrittlich angesehen worden. Auch wenn man nicht jeder Vision direkt folgen kann ist es wichtig offen zu bleiben. Es erfordert oft Mut, neue Wege zu gehen und die Grenzen des Bekannten zu überschreiten, um eine visionäre Idee umzusetzen. Am Anfang hat auch niemand an selbstlenkende Autos geglaubt und heute ist es Wirklichkeit.