Fotos: AlUla-Tourismus, Adobe Stock, Habitas Hotels
Ich bin auf seinen Spuren unterwegs. Der berühmte Arabien-Reisende Ibn Battuta (geboren 1304) verweilte vier Tage lang an diesem Ort, den er als ein „angenehmes Dorf mit Palmengärten und Wasserquellen“ beschrieb – die Oase von AlUla, dem Ort der biblischen Stadt Dadan. Ich bin aber nicht mit der Kamelkarawane gekommen, ich habe den Zug genommen. Das ist selbst einen Artikel wert, der demnächst auf #SaudiMag erscheinen wird…von Riyadh über Damman (auch beides einen Artikel wert…es gibt so viel zu berichten !), um die historische Altstadt von AlUla rund 1.000 Kilometer entfernt der saudischen Hauptstadt zu entdecken.
AlUla, Dadan – das ist ein Teil der aus muslimischer Sicht heidnischen Geschichte Saudi-Arabiens, denn die Spuren menschlicher Besiedelung, die man dort vorfindet, stammen zu großen Teilen aus vorislamischen Epochen – die jüngsten davon sind römisch und nabatäeisch, also gut 2.000 Jahre alt, die ältesten gehen in die Steinzeit zurück (wir haben hier #SaudiMag darüber berichtet). Diese Schätze wurden Jahrzehnte lang vergessen, der Besuch war verboten, war „haram“ oder vielleicht auch nur verpönt – so genau weiß man das gar nicht mehr. Der Erhaltung des historischen Wertes hat die Abwesenheit menschlicher Besucher letztendlich nur geholfen.
Wie sich das Eintreffen in einem Dorf mit Oase und Palmengärten nach einer strapaziösen Kamelreise anfühlt, kann man heute nur Erahnen. In modernen Zeiten ist aber das Ankommen in einem kühlen Haus, wo man nach schwitzender Bahn- oder Autoreise mit erfrischendem Lächeln und einem Hauch von Weihrauch willkommen geheißen wird, die durchaus erlaubte Entsprechung. Vor meiner Erkundung der Altstadt checke ich also erst einmal ins Hotel ein. Das Habitas-Hotel ist ein Ort von atemberaubender Schönheit, und damit gut passend zu den Kultur- und Naturschätzen der Gegend, von denen es umgeben ist. Es gehört zur wachsenden Zahl von Spitzenhotels, die hier gebaut wurden, um ein neues Zeitalter des Tourismus einzuläuten.
Ich werde mit einer arabischen Begrüßungszeremonie empfangen, bei der Weihrauch angezündet wird, um mich mit wertvollen Düften zu umsorgen. Ich fächle mir den Rauch symbolisch ins Hemd, um zu zeigen dass ich den alten, arabischen Brauch durchaus kenne – bei dem man den Weihrauch-Duft in das traditionelle, weiße Gewand (hier sagt man Thaub oder Khandura dazu) hineinfächert. So erfrischt man sich seit tausend Jahren, wenn es kein Wasser gibt. Später atme ich durch und genieße auf einem niedrigen Sofa liegend ein Glas Jallab – das ist ein süßes Getränk aus Dattelsaft, Rosinen und Rosenwasser. Die Eiswürfel klimpern im Glas. Schwalben umschwirren den blauen Infinity-Pool hinter unserem privaten Tal inmitten natürlicher Erhabenheit und machen im schnellen Flug ihre Schnäbel nass.
Am späten Nachmittag ist es dann aber genug der Rast; wir machen uns auf den Weg in die Altstadt von AlUla, die früher eine belebte grüne Oase entlang der syrischen Hadsch-Karawanenroute war. Jahrhundertelang empfing sie müde Pilger wie den bereits erwähnten Ibn Battuta, der dort vier Tage lang rastete und die „vertrauenswürdigen“ Menschen des Dorfes beschrieb. In den 1980er Jahren wurde die Stätte nach fast neun Jahrhunderten aufgegeben und dem Verfall überlassen; in den frühen 2000ern musste man sich einen Weg durch verfallene Lehmwände und eingestürzte Holzdecken bahnen, vorbei an Ziegen, die an Müllhaufen knabberten. Heute ist das anders. Die saudische Regierung hat ihre Kulturschätze erkannt, konserviert sie zusehens und startet wissenschaftliche Forschungen.
Ein schmaler Abschnitt der bereits archäologisch erforschten Ruinen ist heute in einen vollständigen, historischen Straßenzug verwandelt worden, um modernen Reisenden einen Eindruck zu geben, wie das Leben früher aussah in einem Oasen-Dorf. Ich freue mich auf den Spuren Ibn Battutas zu wandeln, jetzt in Begleitung meines jungen Gastgebers Sulaiman von der Königlichen Kommission von AlUla. Wir schlendern an wiederaufgebauten Lehmhäusern mit hübschen hölzernen Fensterläden, lokal geführten Kunsthandwerksboutiquen und Freiluftcafés vorbei, in denen sich saudische Frauen in Niqabs, Hijabs, Abayas oder auch westlicher Kleidung, teilweise in einem Mix aus alldem, unter dem sternenklaren Wüstenhimmel unterhalten. Wir fahren an internationalen Familien vorbei, die einen Abendspaziergang machen, und an Touristen; gelegentlich hören wir einen amerikanischen Akzent, manchmal französisch, aber kein deutsch. Haben die Reise-Weltmeister den Ort noch nicht auf ihrer Landkarte entdeckt ?
Das war das alte Saudi-Arabien, Mann! So viele Dinge ändern sich hier. Glaube mir, wenn die Leute das begreifen, wird Saudi auf der Reiseliste von allen stehen
Sulaiman Rawi, Reiseführer
Nach einer Weile halten wir in einem Café neben einem Stand, der farbenfrohe Kopfbedeckungen und allerhand Handgemachtes verkauft, das hier noch nicht aus China kommt, sondern tatsächlich in Kollektiven vor Ort hergestellt wird, oft von Heimarbeiterinnen, die sich durch Kunsthandwerk ein unabhängiges Zubrot verdienen. Der Stand gehört zwei jungen Frauen, mit denen sich Sulaiman ganz entspannt unterhält. Als eines der Mädchen uns Wasser bringt, bemerke ich, wie surreal sich das alles anfühlt.
Ich kenne das Land aus einigen beruflichen Reisen in den letzten 15 Jahren. Damals war das alles anders. „Die Dinge ändern sich sehr schnell“, sagt Sulaiman. Er ist Ende 20 und wirkt enthusiastisch und optimistisch. Ich erkläre ihm, dass ich erst vor vielleicht fünf, sechs Jahren mein Auto am Strand des Roten Meeres irgendwo in Saudi-Arabien geparkt hatte, um den Sonnenuntergang anzusehen. Es war in guter Entfernung zu einem picknickenden Paar. Aber dennoch kam damals der Mann zu mir herüber und bat mich, wegzufahren, weil er der Meinung war, ich sei seiner Frau zu nahe. In solchen Situationen diskutiert man nicht, man fährt einfach weg. Damals kam mir das überhaupt nicht ungewöhnlich vor. Vielleicht übertrieben, aber nicht ungewöhnlich. Sulaiman hört zu, ungerührt. Als er seine Zigarette zu Ende geraucht hat, springt er mit einem Schwung auf und lacht. „So viele Dinge ändern sich. Glauben Sie mir, wenn die Leute das begreifen, wird Saudi-Arabien auf der Reiseliste-Wunschliste von allen stehen, die Naturschönheit und hochwertigen Tourismus mögen!“
Ja, das glaube ich auch…deshalb gibt es demnächst hier noch viele weitere Artikel über Saudi-Arabiens Reiseziele #