Foto: Redaktion, Retlaw Snellac, Max-Planck-Institut Mainz
Überraschende Funde in der Geröllwüste können erstmals sicher datiert werden
Jagdszenen, rituelle Tänze und mysteriöse menschenähnliche Figuren, deren Hände in den Himmel ragen…das erkennt man auf den Felsbildern, die an zahlreichen Punkten der saudi-arabischen Geröllwüste entdeckt wurden. Einige Jahrzehnte schon forschen Wissenschaftler aus der ganzen Welt an ihrer Bedeutung, doch noch immer ist wenig über ihre Entstehung bekannt.
Die Tatsache, dass die abgelegenen Regionen der saudi-arabischen Geröllwüste nicht nur unwirtlich sind, sondern viele Jahrzehnte vergessen und unberührt waren, hat ein großes Fundvorkommen an Felszeichnungen hinterlassen. Sie finden sie häufig, so vermutet man, an alten Wohnplätzen einzelner Familienstämme oder an in der Umgebung schon immer markanten Wegpunkten, die als Rastplatz genutzt wurden.
Die Petrogramme, so der Fachbegriff für die Ritzzeichnungen, hüten ihr Geheimnis gut; bis heute sind sich Archäologen nicht einmal darüber einig, wie alt die Abbildungen sind. Denn die Bilder entstehen nicht durch das Aufbringen organischen Materials (etwa Holzkohle) auf die Felsen, was eine labortechnische Radiokohlenstoffdatierung ermöglichen würde. Tatsächlich entstehen sie durch Abschaben einer dunklen Steinverfärbung, dem Wüstenlack. Diese hauchdünne, manganreiche Kruste kommt auf fast allen Gesteinsarten vor. Den Künstlern, die die Bildnisse erschufen, bot die teilweise schwarze Oberfläche einen idealen Hintergrund, weil die frisch eingeschnittenen Bilder im Vergleich zur schwarzen Schicht sofort deutlich herausstechen. Und dies hat sich bis heute gut erhalten.
Derartige Felszeichnungen, die in Wüstenlack gekratzt wurden, finden sich als frühe Kulturnachweise übrigens an vielen Stellen fast überall auf dem Erdball. In Saudi-Arabien steht die Forschung noch ganz am Anfang, hier haben sich aber in den weitläufigen Regionen aus Fels- und Steinwüste zahlreiche Inschriften erhalten.
Wie gut, dass der saudischen Archäologie internationale Teams von Forschern zuhilfe kommen, damit die alten Kulturspuren im Königreich einmal besser verstanden werden können. Zumindest was die Datierung betrifft, gibt es einen Lichtblick, und der kommt aus Deutschland. Eine Mainzer Forschergruppe unter Leitung von Professor Meinrat O. Andreae vom Max-Planck-Institut für Chemie hat eine Methode entwickelt, mit der sich das Alter der Felsbilder ermitteln lässt. Vereinfacht gesagt, messen die Wissenschaftler vor Ort mit einem Röntgenfluoreszenz-Analysegeräts die chemische Zusammensetzung der Bildoberfläche und des Wüstenlacks auf den umgebenden Felsen. Durch den Abgleich der gemessenen Mangan- und Eisenwerte mit einem bekannten Datenbestand können Petroglyphen bisher unbekannten Alters so datiert werden.
Die ältesten Fels-Zeichnungen in Saudi-Arabien sind etwa 7000 Jahre alt, die jüngsten sind vor wenigen hundert Jahren entstanden
Prof. Meinrat O. Andreae (Max-Planck-Institut für Chemie, Mainz)
Die wisschenschaftliche Messmethode schafft vor allem Fakten. Denn die chemischen Datierungen der bisher untersuchten Zeichnungen stimmen mit dem schon zuvor kulturell oder ökologisch abgeleiteten Alter der in der Felsmalerei dargestellten Tier- und Menschenfiguren, sowie mit den in verschiedenen Zeiträumen verwendeten Schriftstilen überein. Theorien konnten dadurch bestätigt werden, was die Archäologie einen Schritt weiterbringt #