Megastadt „The Line“:

Warum die erste Million Einwohner realistisch ist

Foto: NEOM-Entwicklungsgesellschaft, Redaktion

Lh Riyadh

Unzweifelhaft, das ist eines der aufmerksamkeitsstärksten „Brain childs“ des saudischen Premierministers: „The Line“ – die von Grund auf neu erdachte, intelligente Mega-Stadt in Neom. Eine neu geplante Metropole ohne Autos und Emissionen. Die ersten Entwürfe präsentiert Premier und Kronprinz Mohammed Bin Salman persönlich, inklusive Live-Fernsehübertragung. Das war 2021 – gerade einmal zwei Jahre ist das also her; top-geheime Konzeptarbeiten, Planentwicklungen und Machbarkeitsstudien wurden gerüchteweise bereits zwei oder drei Jahre zuvor durchgeführt.

The Line ist als Hauptstadt der neuen Region Neom geplant, einem gigantischen Infrastruktur-Projekt auf einer Fläche so groß wie Mecklenburg-Vorpommern, aus der Saudi-Arabien ein Testlabor für innovative Technologien und neue gesellschaftlliche Konzepte gemacht hat. Für Neom wurde ein kleiner Teil innerhalb der öden Provinz Tabuk reserviert. Nicht einmal 1 Million Einwohner leben hier, die meisten davon in der staubig-vergessenen Provinz-Hauptstadt, wo seit Jahrhunderten der Hund begraben ist. Im Jahr 630 kämpfte der Prophet (Friede sei mit ihm) mit 30.000 seiner gläubigsten Anhänger im Byzantinisch-Arabischen Krieg vor Tabuk. 1909 kam mit deutscher Unterstützung die Hedschasbahn vorbei, und Mitte der 80er errichtete die saudische Luftwaffe hier ihren größten Stützpunkt. Außer Salzwasser, brennender Sonne und viel Staub, Sand und Geröll gibt es in der Region nur wenige Landmarken, die jeweils hunderte Kilometer voneinander entfernt sind. Selbst dann, wenn man Neom abzieht, umfasst die Fläche der Region Tabuk noch die von Bayern und Baden-Württemberg zusammen.

The Line wird von einem Team aus weltbekannten Architekten und Ingenieuren entworfen, die dieses revolutionäre Konzept für die Stadt der Zukunft in die Realität bringen werden

Mohammed Bin Salman, Thronfolger und Premierminister

Seit rund einem Jahr laufen in Neom an jeder Ecke und hinter jedem Hügel irgendwelche Bauarbeiten; die umfassenden Aktivitäten kann man nicht übersehen. Für die zahlreichen Arbeitskräfte, rund 150.000 sind es gegenwärtig, hat man in Windeseile kleine Dörfer aus Baucontainern aus dem Boden gestampft – die „Neom Communities“. Kaum standen die ersten Baucontainer, wurden sie schon durch komfortablere, temporäre Gebäude ersetzt. Viele Mitarbeiter haben Langzeitverträge und bringen ihre Familien mit nach Neom – deshalb wurden Schulen errichtet und Bolzplätze. Bürobaracken bekamen Highspeed-Internet, Ambulanzen, Speisesäle und Freizeitaktivitäten wurden eröffnet:


Leben in Neom – heute: Communities, die aus temporärern Bauwerken zusammengestellt sind. Hier leben die Menschen, die NEOM heute bauen. The Line wird diesen Fachkräfte aus Saudi-Arabien und aus aller Welt, eine neue Heimat bieten

Die visionäre Ultra-Modernität von Neom bildet der Kontrast zur öden Provinz, in der alles entsteht. Hier, zwischen der brennenden Sonne, dem Staub der großen Erdbewegungen und Kantinenverpflegung auf dem Niveau internationaler Viersterne-Hotels, definieren junge Menschen den Status Quo des heute Machbaren. So wird im neuen Küstenort Oxagon die weltweit größte Fertigungsanlage für grünen Wasserstoff errichtet, die Großstadt „The Line“ steht für eine Zukunft in greifbarer Nähe ohne Autos und Straßen, sie verursacht keine Kohlenstoffemissionen und verspricht einen beispiellosen urbanen Lebensstil. Diese Stadt ist schon seit geraumer Zeit der in westlichen Medien polarisierenste Teil des Regierungsprogramms Vision 2030. Das Konzept von The Line hat glühende Anhänger, und mindestens ebensoviele Gegner – so atemberaubend ist diese Vision, dass niemanden sie kalt lassen kann.

Bemerkenswerteste Highlights des städtebaulichen Projekts: The Line wird nur 200 Meter breit sein, dafür aber 170 Kilometer lang. Der höchste Punkt der Stadt liegt gleichbleibend 500 Meter über dem Meeresspiegel. Nach ihrer Fertigstellung um 2050 herum wird die Stadt bis zu neun Millionen Einwohner beherbergen können. Der Flächenverbrauch von nur 34 Quadratkilometern ermöglicht eine nie dagewesene Effizienz durch eine geringen Platzbedarf für die gesamte Infrastruktur. Die Stadt wird an beiden Seiten über die ganze Länge durch zwei Gebäuderiegel gebildet, deren Äußeres vollständig reflektierend ist, so dass die Stadt mit der umgebenden Natur verschmilzt. Eine 45-minütige Dokumentation über das Konzept von The Line können Sie bei uns anschauen: Saudimag

Warum wird The Line sehr wahrscheinlich 1 Million Einwohner haben ?

Kritikpunkte, die deutsche Medien und Influencer gebetsmühlenartig herunterbeten: Diese Stadt im Nirgendwo wird keine Einwohner finden und sie wird nicht bis 2030 fertiggestellt werden – die Dimensionen seien zu groß. Überhaupt, niemand werde dort leben wollen. Das ist eine Einschätzung, aus der viel Unkenntnis spricht. #SaudiMag berichtet direkt aus Saudi Arabien und daher finden unsere Leser hier die Fakten ohne Umwege – wir kennen die Situation im Land und beobachten auch die arabisch-sprachigen Medien, deshalb sind Übertragungsfehler zwischen den Sprachen bei #SaudiMag seltener.

Tatsächlich definiert das geplante Fertigstellungsdatum im Jahr 2030 die erste Ausbauphase von The Line – rund 1 Million Einwohner sollen dann in den Küstenabschnitt am Roten Meer in The Line einziehen. Es geht also nicht darum, in den nächsten sieben Jahren eine Stadt für 9 Millionen Einwohner zu bauen. Und entsprechend auch nicht darum, eine 170 Kilometer lange Stadt fertigzustellen. Das sind Details, die in den Medien oft verschwiegen werden – aus Unkenntnis, oder weil generelles Saudi-Bashing trendy ist und dem Mainstream folgt. Aber: Wer sollen die ersten Einwohner sein – 1 Millionen Menschen, das ist ja auch schon eine enorme Einwohnerzahl, das entspricht ganz Köln ! Werden sie aus der ganzen Welt herüberkommen?

Nein. Der größte Teil der ersten Einwohner wird aus der Region selbst umziehen. Sie werden ihre Communities aus temporären Gebäuden (siehe Fotos ganz oben) verlassen und nach The Line umziehen. Da schon heute der Wohnraum in den Communities bei weitem nicht ausreicht, leben viele Menschen in der gewachsenen Stadt Tabuk, zwei Autostunden von den Baustellen Neoms entfernt. Eine mühsame Pendelei. Für diese Menschen, die bereits an der Realisierung der Vision von Neom arbeiten, werden die ersten Abschnitte von The Line errichtet – und sie werden mehr als gern dort einziehen wollen. Die Vorteile von The Line überwiegen die bisherige Wohnsituation mühelos:

Mit der Fertigstellung jedes einzelnen Bauprojekts in Neom kommen weitere Fachkräfte in die Region – bis ins Jahr 2030 können das schnell 250.000 Menschen zusätzlich sein. Es ist keine Utopie, sondern reiner Pragmatismus und Effizienzdenken, diesen Menschen eine Bleibe in The Line anzubieten – anstatt weiterhin immer mehr Container-Compounds zu errichten, mit all den damit verbundenen logistischen Aufgaben. Zu dieser Gruppe erster Einwohner kommen sicherlich ein paar Early Adaptors aus der ganzen Welt hinzu. Denn ein Projekt wie The Line ist Avantgarde. Zuerst kommt nicht der Mainstream, zuerst kommen die Jungen, die Neugierigen, die Abenteurer und Macher. Aber, wie gesagt, das sind eher wenige – der größte Teil der ersten Einwohner wird bereits in und für Neom arbeiten. Deshalb: Dass einige Hunderttausend bis zu einer Million Einwohner bei der Fertigstellung der ersten Segmente im Jahr 2030 in The Line einzieht, ist kein großes Kunststück.

Damit die Stadt effizient und schnell errichtet werden kann, ist sie modular geplant. Dem liegt ja schon die Idee der zugrunde, sie als Linie aufzustellen. Es spart Zeit und Geld, wenn man z.B. Strom-, Wasser- und Abwassserleitungen über 170 km geradeaus verlegt. Das Gebäudedesign stammt aus einem Baukasten architektonischer Elemente – eine große Zahl fertig geplanter Architektur-Elemente wird immer wieder neu kombiniert. So kann die Grundstruktur der Stadt effizient, schnell und doch abwechslungsreich realisiert werden. Besondere Elemente, die man nicht in jedem Modul benötigt, werden bei Bedarf mit der wachsenden Einwohnerzahl eingefügt – zum Beispiel Krankenhäuser und Sportstadien. Mehr Details über The Line und Neom finden Sie natürlich bei #SaudiMag – nutzen Sie einfach die Suche oben rechts oder die Buttons am Ende des Artikels.

Mit The Line macht sich das Königreich auf den Weg, urbanes Leben und gesellschaftliche Entwicklung neu zu definieren. Klar ist, dass die vertikal geschichteten Entwürfe den traditionellen Stil der horizontalen Wohnungen in Frage stellen werden. Das Wohlbefinden der Menschen soll Vorrang bei der Stadtplanung haben…eine Idee, die derzeit von den meisten konventionellen Städten nicht erreicht werden kann. Es ist spannend, dass die Bauherren mit The Line ein Modell für eine lebenswerte Stadt schaffen wollen, die Kritiker aber exakt das Gegenteil ausführen, da sie The Line als lebensfernes Modell einstufen. Die Wahrheit wird, wie immer, irgendwo dazwischen liegen. Wir werden jedenfalls berichten #

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