Geringe Auslands-Investitionen:

Stehen sich die Saudis selbst im Weg?
Riyadh Finanzdistrikt

Foto: Redaktion

Einige Gerüchte um das womögliche “Schrumpfen” des prestigeträchtigen Bauprojekts “THE LINE” SAUDIMAG und der verstrichene Opening-Termin des Insel-Resorts Sindalah sorgen aktuell für Gesprächsstoff, auch unter hochkarätigen Wirtschaftsanalysten. Das ist ein Personenkreis, der berufsbedingt genau hinhören muß – was aber im Fall Saudi-Arabien schon immer sehr schwer ist. Denn in diesem Staat haben Verschlossenheit, Schweigen und Mißtrauen eine lange Tradition. Entsprechend rar ist die Faktenlage, mit denen internationale Investoren arbeiten können. Aufkommende Gerüchte sind eher kontraproduktiv und machen die Finanzwirtschaft nervös. Wirtschaft lebt von Vertrauen, und das braucht Kommunikation. Vor allem ausländische Investoren erwarten klare Ansagen und hohe Transparenz, bevor sie in Mega-Projekte einsteigen.

Diesen Zusammenhang hat Saudi-Arabien bisher nicht verstanden. Die Inkompetenz der Kommunikations- und Pressestellen saudischer Firmen und Behörden, die entweder nichts zur Transparenz beitragen oder vorrangig leicht zu durchschauende Werbesprüche verbreiten, sind mit ein Grund dafür, daß der Plan, saudische Mega-Projekte mit hohen Anteilen ausländischen Geldes zu finanzieren, hinter den Erwartungen zurück liegt. Mittelfristig zählen im internationalen Finanzbusiness harte Fakten statt hübscher Computeranimationen. Computeranimationen gibt es in Saudi-Arabien im Überfluß.

Jede Einschätzung der saudischen Wirtschaftsentwicklung – egal, wie hochkarätig die Experten auch sind – ist immer ein Blick durch den Nebel, muß viel stärker auf Annahmen, Versprechungen und Einschätzungen basieren, als das bei anderen Volkswirtschaften der Fall ist. Das macht die “Credibility” der Saudis in den Augen internationaler Finanzakteure tendenziell geringer. Tatsächlich sind ausländische Unternehmen gern bereit, Aufträge und Geld der Saudis zu nehmen, um vor Ort Projekte umzusetzen. Aber das Engagement des Auslands ist viel geringer, wenn es darum geht, eigenes Geld im Königreich zu investieren.

Lh Riyadh

Schaut man durch den besagten Nebel, so kann man seit rund zwei Jahren tendenziell einen Rückgang der Öleinnahmen erkennen und durchaus erste Erfolge der angestrebten wirtschaftlichen Diversifizierung jenseits des Erdöls ausmachen. Unzweifelhaft ist auch der enorme Anstieg von Frauen an der Erwerbsbevölkerung ein guter Erfolg des Regierungsprgramms “Vision 2030”. Der Weg, den die saudische Regierung wirtschaftlich verfolgt, basiert im Detail auf der Nationalen Investitionsstrategie (NIS) von 2021. Das ist ein Plan zur Umgestaltung der Wirtschaft durch zusätzliche Unterstützung für Innovationen, Anreize zur Steigerung der Beiträge des Privatsektors und gezielte Unterstützung bestimmter strategischer Sektoren. Ganz allgemein konzentriert sich die NIS auf die Stärkung der Rolle ausländischer Direktinvestitionen, die bis 2025 auf 3,4 % des BIP und bis 2030 auf 5,7 % steigen sollen. Ob dies aber realistisch ist, wird sich zeigen, ist aber zu bezweifeln. Denn zu maßgeblich steigenden Direktinvestitionen aus dem Ausland wird die Investorenbasis sich erweitern und diversifizieren müssen. Zurzeit setzt Saudi-Arabien auf einen überschaubaren Kreis ausländischer Investoren, die jeweils große Summen beitragen, und die sich als Chefsache handhaben lassen. Eine diversifizierte Investorenbasis, die für einen erkennbaren Anstieg ausländischen Kapitals sorgen kann, wird den saudischen Regierungskreisen ferner stehen und, nachdem manche Computeranimation abgelaufen ist, auch mehr Fragen zu den Details stellen.

Die NIS umfasst auch den Binnenbereich, dem eine steigende Bedeutung zukommt, wenn Auslandsinvestitionen hinter den Erwartungen zurückbleiben. Shareek ist ein Programm, das darauf abzielt, die inländischen Investitionen von Unternehmen des Privatsektors bis 2030 auf 1,3 Billionen US-Dollar zu steigern. An Shareek sind 28 Privatunternehmen beteiligt, mit denen die Nicht-Öl-Exporte von 16 % auf 50 % ausgebaut werden sollen. Im März (2024) gab die saudische Regierung eine erste Welle von Förderprojekten für Großunternehmen im Rahmen von Shareek bekannt.

Stefanberger2023

Die Inkompetenz der Kommunikations- und Pressestellen saudischer Firmen und Behörden, die entweder nichts zur Transparenz beitragen oder vorrangig leicht zu durchschauende Werbesprüche verbreiten, sind mit ein Grund dafür, daß der Plan, saudische Mega-Projekte mit hohen Anteilen ausländischen Geldes zu finanzieren, bislang nicht aufgeht

Insgesamt sollen bis 2030 rund 1 Billion Dollar (das wäre ein Drittel aller geschätzten NIS-Investitionen) für vorläufige Investitionen in sechs spezifischen Sektoren bereitgestellt werden – #SaudiMag hat darüber SAUDIMAG berichtet. Im Hinblick auf die unklare Datenlage, die aus saudischen Nebelbomben, Gerüchten angeblich gut informierter Kreise, inkompetenter Kommunikation und teuren, aber oft unglaubwürdigen Computer-Visualisierungen bestehen, sind Analysen selbst anerkannter Finanzexperten und erst recht alle Angaben von Milliardenbeträgen mit gesunder Skepsis zu sehen.

Es ist nicht anzunehmen, dass die Ambitionen der “Vision 2030” grundlegend in Gefahr sind. Unzweifelhaft dürfen (und müssen) mittelfristig angelegte Konzepte wie das saudische Regierungsprogramm im Zeitverlauf an die Realität und sich ändernde Realitäten angepasst werden. Es wäre ein Fehler, das nicht zu tun. Außerdem, Saudi-Arabien kann aufgrund seines Ölreichtums und seiner nach wie vor erheblichen Einnahmen aus dem klassischen Öl-Sektor seine internationale Investitionsposition noch immer sichern. Nicht zuletzt, weil es die Saudis gewöhnt sind, ausländische Investoren bzgl. der Basis-Herausforderungen der Region (bewaffte Konflikte, politische Instabilität, unklare Rechtslage) zu beschwichtigen.

Möglicherweise werden aber die eklatanten Defizite in der Kommunikation und das umfassende Klima aus Schweigen, aus Angst und Abhängigkeiten zu einem Faktor, der immer weniger zur fortschreitenden Modernisierung passt, und der das Wachstum ausländischer Investitionen hinter den Prognosen zurückbleiben lässt #

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