Fotos: Kla5
Vom Zentrum ausgehend, wird Riyadh, die Hauptstadt Saudi-Arabiens, seit einigen Jahren immer wohnlicher. Das liegt auch daran, dass seit ein paar Jahren junge Bäume gepflanzt und sorgsam gepflegt werden. Mehrere Hunderttausend müssen es schon sein. Die Bäume sehen nicht nur hübsch aus, sondern sie fangen auch den Staub ein, der hier in Riyadh allgegenwärtig ist. Bäume helfen dabei, das Klima in der Großstadt zu verbessern.
Nicht zuletzt leitet sich der Name der Stadt vom arabischen Wort für „Garten“ ab. Leider aber war das Straßenbild von Riyadh seit Jahrzehnten – man ist versucht zu sagen immer schon – das langweiligste und schlichteste, das man sich vorstellen kann. Das kann man auch heute noch sehen, wenn man durch die Hauptstadt fährt und die begrünten Pfade mit den Neubauten und Spiegelfassaden, herausgeputzten Boutiquen und uniformen Starbucks‘ verlässt. Das, was man in Europa „Grau“ nennen würde, ist im Nahen Osten das Beige der staubigen Gebäude.
Hier wird es nun spannend; denn ein Areal genau zwischen der modernen Aufhübschung und trister Vergangenheit ist das Lagerhaus-Viertel in Diriyah, das sich jetzt gerade in einem Schwebeszustand zwischen alt und neu, zwischen vergessen und wiederentdeckt befindet. Wie in allen Großstädten auf der Welt bilden Industrie-Brachen die ersten Keimzellen für eine neue Kunst und Kultur.
Lange verborgenen Talente haben hier ein künstlerisches Zuhause gefunden, haben sich in heruntergekommenen Lagerhäusern günstig eingemietet, Ateliers eingerichtet und treten mit ihrer Kunst mehr und mehr an die Öffentlichkeit. In und an den alten Schuppen kann man erstaunliche Straßengraffiti finden, allein dafür lohnt es sich, diesen Ort einmal zu sehen. Die Street-Art-Künstler zeigen die Kultur der saudischen Bevölkerung auf ihre eigene Weise; bei einem Spaziergang durch das Viertel finden sich Porträts der berühmtesten saudischen Sänger und es werden königliche Hoheiten im Grafiti-Style verehrt.
Für einen jungen Mann waren die alte Gebäude und verlassene Orte bereits vor ein paar Jahren die perfekte Leinwand für die Farben seiner Leidenschaft, damals, als Street-Art noch so verpönt und verboten war, dass Riyadh staubtrocken und öde aussah. Seine Signatur (oder sein „Tag“, wie man in der Szene dazu sagt): „Kla5“ die westliche Umschreibung für das arabische „Klakh“.
Über den Künstler und seine Identität ist nur wenig bekannt, was ihm irgendwann die Bezeichnung „Banksy von Saudi“ einbrachte…eher ein Hinweis auf eine ähnliche Marotte, als auf künstlerische Inhaltsverwandschaft mit dem britischen Straßenkünstler Banksy, dessen Identität bis heute für Kunstbeobachter weltweit ein Rätsel ist. Kla5 hingegen wurde irgendwann von seinen Fans enttarnt – als Ali al-Nafaei aus Jeddah. Interviews gibt er trotzdem keine, ein Foto veröffentlicht er von sich selbst nicht. Gesichert weiss man, dass er ein künstlerischer Autodidakt ist, dass er heimlich mit dem Sprayen begonnen, und seine Kunst von großer handwerklicher Perfektion zeugt. In den verlassenen Lagerhäusern von Diriyah findet man eine Galerie mit einigen der berühmtesten Wandmalereien von Kla5.
Am Anfang wachten die Bewohner auf und sahen meine Zeichnungen, die sie in dieser Form nicht gewohnt waren. Kreative Kunst haben wir damals mit einer gewissen Scham praktiziert, da die saudische Gesellschaft dem Künstler gegenüber reserviert war. Das ändert sich; Street-Art findet jetzt Interesse
Kla5, Street-Art-Macher aus Jeddah
In den letzten Jahren wurde Künstlern in ganz Saudi-Arabien mehr Aufmerksamkeit zuteil, da sich das Königreich verstärkt um die Anerkennung und Hervorhebung künstlerischer Leistungen bemüht. Erstmals wurden die Fächer Musik, Theater und Kunst in den Lehrplan öffentlicher und privater Schulen aufgenommen. Kulturminister Prinz Badr bin Abdullah bin Farhan twitterte an Kla5, dass das Ministerium seine Arbeit schätze und man mit dem jungen Künstler in Kontakt kommen wolle.
In den letzten Tagen haben viele Menschen in den sozialen Medien Kla5’s neuestes Werk aus einer Serie Graffiti-Pieces an den Wänden eines verlassenen Hauses in der Stadt Taif gepostet, wir werden über seine künstlerische Entwicklung berichten #